Konzept
1 Strukturelle Prävention bei manCheck Berlin
Die „Strukturelle Prävention“ in der Definition der Deutschen AIDS Hilfe (DAH)[1] ist die Grundlage der Primärprävention (personelle und institutionelle Stärkung der Handlungsfähigkeit und des Selbstwertgefühls). Sie wird unterteilt nach Verhaltens- und Verhältnisprävention.
Verhaltens- und Verhältnisprävention sind für manCheck eine untrennbare Einheit. Ein Verhalten kann nur erlernt werden, wenn die Verhältnisse dies ermöglichen bzw. nicht behindern. Insofern richten sich die Aktivitäten von manCheck auf beide Aspekte, wobei sie sich mal mehr dem einen und mal mehr dem anderen Konzept zuordnen lassen, nie aber nur einem allein.
Dieser Text gibt einen kurzen Einblick in die Arbeitsweise von manCheck. Das gesamte Konzept mit allen Maßnahmen und Methoden, auch die Bereiche, die wir unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (zu wenig Personal- und Sachmittel) nicht umsetzen können, aber für unabdingbar halten, stellen wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch vor. Vereinbaren Sie einfach einen Termin.
2 Maßnahmen, die überwiegend der Verhaltensprävention dienen
Bei der personellen Prävention (Verhaltensprävention) werden die Personen direkt und individuell angesprochen. Ziel ist es, den Einzelnen so zu unterstützen, dass er präventives Verhalten in seinen Lebensstil einbauen kann. In diesem Zusammenhang ist die Selbst- und Fremdverantwortung von besonderer Bedeutung. Nur bei einem positiven Selbstwertgefühl besteht die Möglichkeit des verantwortlichen Umgangs mit sich und anderen.
Gleichzeitig müssen Handlungsmöglichkeiten im jeweiligen Kontextbezug individuell aufgezeigt und eingeübt werden. Zu den Handlungsmöglichkeiten zählt auch das Reflexionsvermögen. Hier müssen die Angebote einen Impuls zur eigenen Überprüfung des Verhaltens und der eigenen Wahrnehmung geben. Weiteres Ziel der Primärprävention ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Dies geschieht in der institutionellen Primärprävention beispielsweise durch Kooperationen.
Personalkommunikative Aktionen mit unterschiedlicher Intensität der Kommunikationsmöglichkeit.
2.1 Mediale Aktionen
- Entwicklung und Schaltung von Präventionsspots in den U-Bahnen zu Großevents wie CSD und Stadtfest
- temporäres Aufstellen von Displays mit Informationsmaterialien, Kondom und Gleitgel in „Cruising Areas“
- Entwicklung und zielgruppenspezifische Verteilung von Materialien zu Sonderthemen
- Partydrogen (Substanzlyer zu safer use, safer Sex und Wechselwirkungen mit HIV Kombitherapien)
2.2 Aktionen an Orten an denen Gespräche schwer bis gar nicht möglich oder unerwünscht sind (laute Parties oder Mottoparties an Sexorten (naked etc., siehe hier auch „safety4free“))
- Verteilaktion – viele Orte an einem Abend, Verweildauer bis 20 Minuten, Beispiel: monatliche Szenetouren in Kneipen und an Sexorten Friedrichshain-Kreuzberg, Schöneberg, Prenzlauer Berg/Mitte
- Auffällige Aktionen mit überwiegend Erinnerungscharakter (blas den Lukas auf dem Hustlaball, CSD Truck) und eingeschränkter Gesprächsmöglichkeit
2.3 Orte, an denen längere Gespräche schwer möglich sind (Parties ohne Rückzugsmöglichkeit, überfüllte Veranstaltungen)
Mobile Aktion – mehrere Orte an einem Abend, Verweildauer bis zu 1 Stunde
2.4 Orte mit Möglichkeit zu aufwendigeren Aktionen und Präventionsberatung
- Stationäre Aktionen, Beispiel: Präsenz in Saunen, Parties mit Lounge oder Barbereich
- Infopoints in „Cruising Areas“
2.5 von Mann zu Mann
Vorortpräsenz in Szenekiezen mit der Möglichkeit zur individuellen Präventionsberatung
3 Maßnahmen, die überwiegend der Verhältnisprävention dienen
Eine Verhaltensprävention kann nur in Verbindung mit einer Verhältnisprävention erfolgen. Sie ist erforderlich, weil die individuellen Verhaltensmöglichkeiten von Personen stets maßgeblich von ihren Lebensumständen geprägt sind. Der Abbau von gesellschaftlichen und umfeldbedingten Benachteiligungen von MSM und die Förderung der Solidargemeinschaft und Emanzipation von schwulen Männern stehen somit ebenso im Zentrum der Arbeit wie die Schaffung eines Umfeldes, dass der Förderung eines nachhaltigen Schutzverhaltens bei MSM mit dem Schwerpunkt auf epidemiologisch wichtige Kontaktsituationen (Situationen mit hohem Infektionsrisiko) dient.
Konzeption und Umsetzung von safer settings:
- Kooperationsvereinbarungen mit Betreibern von Orten mit der Möglichkeit zum Sex vor Ort
- Betreuung der Wirte bei der Umsetzung
- Versorgung der Betriebe mit Informationsmaterialien und einer Verweisungsliste, die an den Theken ausliegt und dem Barpersonal eine Verweisung in das Berliner Hilfesystem zu unterschiedlichen Themen ermöglicht
- Medienarbeit, Siegssäule als Medienpartner, Entwicklung von Logos und Anzeigen
Projekt zum Empowerment von Männern, die sich entschieden haben, grundsätzlich Safer Sex zu praktizieren, Schaffung einer Internetcommunity für diesen Personenkreis, Etablierung einer Marke für Safer Sex (bis jetzt ca. 185.000 Teilnehmende).
- Betreuung von Internetplattform, gayromeo-Club
- Gewinnung und Betreuung von Sponsoren und Dauerspendern (gayromeo)
- Beteiligung am DAH Projekt “Health Support”
- Qualifizierung von ehrenamtlich Mitarbeitenden für die Online-Präventionsberatung
- Übernahme von Online-Präsenszeiten durch ehrenamtlich Mitarbeitende
- Anleitung und Supervision der ehrenamtlich Mitarbeitenden
3.4 Verweisungskompetenz
- Verweisung in das Berliner Hilfesystem in der Vorortarbeit sowohl real als auch virtuell
- Vermittlung der Verweisungskompetenz an Multiplikatoren (Ehrenamtler, Barpersonal, Wirte)
3.5 Kooperation, Networking
- Lokal mit dem Hilfesystem, LABAS, Medien, Einzelpersonen und angrenzenden Bereichen
- Umsetzung der Aktionen von „Ich weiss was ich tu“ in Berlin, Kooperation bei Events (CSD, Stadtfest, Folsom, Ostertreffen etc.)
- Überregional mit der Deutschen AIDS-Hilfe (Teilnahme an Konzeptionstreffen, beispielsweise für „Ich weiss was ich tu“, Konzepttage „Partydrogen und Safer Sex“, jährliche Treffen „Prävention wohin“
- SP5 (Präventionsprojekte aus München, Köln, Frankfurt, Hamburg und manCheck Berlin)
3.6 Multiplikatorenschulung
Diese werden für ehrenamtlich Mitarbeitende, Barpersonal, Wirte, Mitarbeitende anderer Institutionen (Lambda, Gefis, Seniorengruppe der Schwulenberatung) angeboten.
4 Nicht eindeutig zuzuordnen
4.1 Peer Involvement
- Ehrenamtlichenschulung, Ehrenamtsmanagement, Personalentwicklung für Ehrenamtler (Fortbildungsmanagement), Ehrenamtlerwochenende
- Partizipative Planung von Aktionsorten, Methoden und Terminen
4.2 Konzepte für schwer Erreichbare (u.a. Migranten, sozial Benachteiligte, Männer, die Sex mit Männern haben ohne schwule Identität, Freier ohne Freieridentität)
- Entwicklung eigener Konzepte
- Teilnahme am „PAKOMI“ Projekt der Deutschen AIDS-Hilfe und des Wissenschaftszentrum Berlin
4.3 Qualitätssicherung
Teilnahme an Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Deutschen AIDS-Hilfe und des Wissenschaftszentrums Berlin
[1] Deutsche AIDS-Hilfe (Hrsg.): Strukturelle Prävention, DAH-Forum, Band XXXIII.